In dieser Pandemie-Zeit kommen neue und unerwartete Herausforderungen auf arbeitstätige Eltern zu. Viele sind im Home-Office, Papa und Mama gleichzeitig; die Kinder sind ausserhalb der Schulzeiten oft auch zuhause, viele Stunden, denn Freizeitangebote sind zum Teil nicht verfügbar. Freunde und Besucher gibt es je nach Umständen keine mehr, oder viel seltener. Dann kann es schon manchmal zu Lagerkoller, Platzangst und Ausbrüchen diverser Art kommen.
Wir sprechen heute mit Monika Keller, Mutter und selbständige Beraterin, über die Situation und wie man damit zurechtkommt.
Familizy: Monika, was für Methoden und Tipps geben Sie Eltern, die Home Office und Erziehung zeitgleich zu bewältigen haben und dabei manchmal an ihre Grenzen stossen?
Monika Keller: Als berufstätige Mutter von 4 Kindern kenne ich die Situation von Menschen, die verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut bringen müssen und Gegenwind erfahren. Es ist normal, dass man in solchen Ausnahmesituationen nicht immer ruhig bleibt! Also verurteile dich nicht dafür. Täglich kommen neue Infos und Anforderungen. Um die Übersicht zu behalten bewährt es sich, wenn die Eltern sich regelmässig bewusste Auszeiten nehmen, reflektieren und diskutieren:
Wie organisieren wir uns die nächsten Tage? Wer ist wann für die Kinder Ansprechperson, so dass die andere Person dann fokussierter arbeiten kann? Was ist jetzt wirklich wichtig und muss ich erledigen? Was kann ich verschieben oder delegieren? An Teammitglieder an Kollegen, aber auch zu Hause an die älteren Kinder. Wo kann ich auf externe Unterstützung zurückgreifen (z.B. Lieferdienst, Nachbarn, usw.).
Es lohnt sich auch, die Ansprüche an sich und den Partner etwas zurückzuschrauben in dieser Zeit. Nicht immer muss alles perfekt erledigt sein.
Es ist auch schön, wenn die Kinder einen Nachmittag mit Freunden per Video-Call Musikhören und Tänze einstudieren. Vielleicht kann auch eins mit einer anderen Familie mit in den Wald gehen?
Viele meiner Kunden berichten, dass sie gerade jetzt noch On-Top-Aufgaben erhielten, die die Vereinbarkeit noch schwieriger machen. Hier ist es auch wichtig, gut zu priorisieren und ganz klar die Grenzen zu kommunizieren.
5 Tipps für eine ausgeglichenen Work-Life-Balance
- Sei dankbar für das, was du bereits hast.
- Mach dir Gedanken darüber, was deine wahren Wertvorstellungen sind und wie du dein Leben danach ausrichten möchtest.
- Manchmal braucht es eine Starthilfe, z. B. andere Menschen, die mir aufzeigen, wie ich aus verfahrenen Lebenssituationen herauskomme.
- Lerne deine Bedürfnisse mitzuteilen und auch einmal Nein zu sagen.
- Werde aktiv. Entscheide dich, den Weg zu beginnen und mach den ersten Schritt.
Familizy: Gibt es gemäss Ihren Erfahrungen Muster und Schwierigkeiten, die bei vielen Familien auftreten? Wo man sich sagen kann: Ah, das geht den anderen auch so!
Monika Keller: Ja natürlich. Zum Beispiel höre ich oft:
Er: «Schatz, ich habe um 11:30 Uhr einen wichtigen Call. Dann darf mich niemand stören.»
Sie: «Ich auch!»
Oder beide arbeiten bis weit nach 18 Uhr, und niemand mag mehr kochen oder später die Kinder ins Bett bringen…
Oder es gibt nur einen bequemen Home-Office-Platz in der kleinen Wohnung. Wer darf den nun haben? Wer kriegt die stabile Internetverbindung für die Online-Präsentation, und wer arbeitet im Keller mit dem Hotspot?
Hier sind Verhandlungsgeschick und Empathie gefragt und man besorgt sich besser eine gute Infrastruktur.
Familizy: Was für positive oder kreative Sachen haben Sie während dieser Pandemie beobachtet?
Monika Keller: Ich fand es sehr erfrischend, dass im Lockdown die Schülerinnen und Schüler viele praktische Aufgaben erhalten haben. Sie sollten den Eltern eine Freude machen. Unaufgefordert staubsaugen, kochen, mit den kleinen Geschwistern spielen.
Ich finde, es ist eine Chance, sich wieder auf den Familienzusammenhalt zu besinnen. Ältere Geschwister haben eine Vorbildfunktion und können schon so viel übernehmen. Natürlich je nach Alter. Das macht sie auch stolz und entlastet die berufstätigen Eltern enorm.
In meinem Fall hat die älteste Tochter ein ganzes Kochbuch für uns durchgekocht. Es gab jeden Tag etwas Feines zu essen. Das war ein kreatives Experiment und für uns alle sehr angenehm.
Mehr über Monika Kellers Erfahrungen:
https://www.alumni.ethz.ch/news/2021/01/kind-und-karriere.html
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