Echte Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben bedeutet, dass niemand mehr sich diese Frage stellen muss: Kind oder Karriere? Auf dem Weg dorthin treffen aber viele Frauen und Männer mit Kinder- und Karrierewunsch auf Hindernisse und Hürden. Wir sprechen heute mit Monika Keller, die ihre Mutterrolle mit einer reichhaltigen Karriere als Projektleiterin, Dozentin und selbstständige Trainerin & Coachin unter einen Hut gebracht hat.
Familizy: Monika, ist es in den letzten Jahren einfacher geworden, Kinder und Karriere miteinander zu verbinden?
Das kommt darauf an, was man unter einer Karriere versteht und was für einen Partner und welche individuellen Rahmenbedingungen man hat. Geht es darum, «klassisch» 10 – 12 Stunden pro Tag in einer Firma zu verbringen, fünfmal die Woche, dies auch noch alles vor Ort, dann ist es nach wie vor sehr schwierig für die Partner, sich die Betreuung der Kinder gleichberechtigt aufzuteilen und somit beide im Job Leitungsfunktionen zu übernehmen. Wenige Frauen sind bereit, die Kinder komplett durch Nannys betreuen zu lassen oder sie später in ein Internat zu stecken.
Männer sagen mir immer wieder, das wäre doch DIE Alternative! Lieber verzichten sie ganz auf Kinder, wenn die Frau nicht den Grossteil der Care-Arbeit übernehmen will oder vertagen das Kinder haben. Das Thema «Karriere mit Kind» ist darum tatsächlich noch ein Frauenthema. Laut Global Gender Gap Report des WEF dauert es noch über 130 Jahre, bis hier Gleichberechtigung einkehren wird.
Trotzdem gibt es Hoffnung: Die Zahl der Teilzeit arbeitenden Männer steigt stetig, jedoch nicht nur Väter, sondern allgemein. Es ist ein Bedürfnis vieler nach mehr Erholung und Ausgleich in unserem hektischen Alltag. Sobald mehr Männer Care-Arbeit übernehmen, ändert sich für die Frauen ganz viel. Darum sind Männer der Schlüssel für die Vereinbarkeit.
Welchen Nutzen haben Firmen, wenn sie ihren Mitarbeitenden, Frauen und Männern, diese Vereinbarkeit erleichtern?
Sie setzen ein klares Zeichen nach Innen und nach Aussen, dass sie es mit sozialer Verantwortung, Nachhaltigkeit und Wertschätzung ernst meinen. Die Message könnte lauten: «Hey, wir brauchen euch gut ausgebildeten Männer und Frauen, egal in welcher Lebensphase! Es lohnt sich, in eine Aus- und Weiterbildung zu investieren. Wir wollen, dass ihr euch um eure Kinder kümmert, ihnen Sozialkompetenz beibringt und sie begleitet. Davon profitieren später wir, denn das sind die Mitarbeitenden von morgen! Und wir wollen, dass es euch gut geht und ihr langfristig leistungsfähig bleibt. Wir wissen, wie innovativ und produktiv ihr seid und wir schätzen das.»
Es dürfte für diese Firmen kein Problem sein, Talente zu finden. Auch im stark ausgetrockneten Arbeitsmarkt. Neue Arbeits(zeit)modelle wie Job-Sharing können dazu beitragen, dass Vollzeitstellen schneller besetzt werden und Eltern ihrer Erfahrung gemäss Arbeit finden.
Können Sie uns Beispiele nennen, wie Paare diese Schwierigkeit erfolgreich gelöst haben?
Da habe ich einige. Meistens hilft es, wenn bei beiden der klare Entschluss da ist, dass sie eine gleichberechtigte Partnerschaft führen wollen. In meinem Blog nenne ich ein paar Beispiele, wie es verschiedene Paare für sich gelöst haben.
Dank Home Office-Tagen können Schulkinder besser betreut werden. Natürlich macht es auch Sinn, so oft es geht flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen. Vor allem Väter, denen der Verzicht auf Lohn oft schwerfällt, können so hochprozentig arbeiten und trotzdem einen Kindernachmittag einplanen. Nicht immer muss man dafür das Pensum reduzieren.